Als M. Night Shyamalan mit THE SIXTH SENSE 1999 auf der großen Bühne erschien
1. konnte niemand seinen Namen aussprechen
2. ließ er sein Publikum mit einem beeindruckenden Twist zurück.
Shyamalan ist heute immer noch aktiv und nur Menschen, für die Borniertheit eine Tugend ist, tun sich noch mit dem Namen schwer. Dem Genrefilm blieb er treu und er kann mit 53 Jahren bereits auf eine langlebige und insgesamt erfolgreiche Karriere zurückblicken, die aber auch ihre Höhen und Tiefen aufwies.
All seine Stärken und Schwächen packt er auch in seinen neuesten Film.
Worum geht es in KNOCK AT THE CABIN?
Als die kleine Wen im Wald spielt, wird sie von einem unbekannten Mann namens Leonard angesprochen. Der ist freundlich zu ihr, entschuldigt sich aber bereits im Vorfeld für die hässlichen Stunden, die dem Mädchen und ihren Adoptivvätern Eric und Andrew drohen.
Denn Leonard und drei weitere Menschen dringen in das Ferienhaus der Familie ein und stellen klar: einer von ihnen muss heute sein Leben geben…für einen höheren Zweck.
KNOCK AT THE CABIN generiert von der ersten Minute an Interesse.
Zunächst ist jeder Fremde, der kleine Mädchen anspricht, mit Argwohn zu betrachten. Doch als Zuschauer atmet man auf, weil der offenbar ohne böse Absichten kommt. In der nächsten Minute wendet sich das Blatt aber erneut und er faselt er von einem gebrochenen Herzen, weil er etwas Schlimmes tun muss….
Früher war Shyamalan der Mann der Mega-Twists, nach denen man die Uhr stellen konnte. In KNOCK AT THE CABIN spielt er mit der Gemütslage und Erwartungshaltung seines Publikums und fabriziert somit eher viele Mini-Wendungen.
Das Ende ist nah…
Die sind allerdings nicht alle schlüssig, denn schon das Herantreten an die Familie hätte leichter erfolgen können, als gewaltsam die Hütte zu stürmen.
Auch Dave Bautista (ARMY OF THE DEAD) nimmt man seinen Part als (natürlich) muskelbepacktem Grundschullehrer Leonard so überhaupt nicht ab.
Früher hat man in ZDF-Serien Kindern eine Baseballkappe falsch herum aufgesetzt, um zu zeigen, dass es sich um echte Bengel handelte. Bautista setzt man eine Brille auf und macht ihn damit zum Akademiker.
Ja, sicher gibt es Pädagogen, die aussehen wie Profiwrestler, darüber wird dann aber kein Wort verloren.
Platz für eine tiefere und glaubwürdigere Charakterzeichnung wäre in einem Film mit begrenztem Bewegungsradius und überschaubarem Cast trotz einiger Flashbacks durchaus geblieben, aber Shyamalan entscheidet sich für Oberflächlichkeit.
Somit bleiben Leben und Sterben der Charaktere weitestgehend uninteressant (auch weil Herr Bautista kein großer Mime ist), aber auch der Plot verliert mit fortgeschrittener Stunde an Fahrt.
Dass man vielerorts mit einem „ist eben so“ leben muss: drauf gepfiffen. So erfahren wir nie, warum der Weltuntergang bevorsteht oder warum die vier Fremden durch Visionen zusammengeführt wurden oder warum ein freiwilliges Opfer die Apokalypse aufhalten soll, es ist eben so.
Was bleibt ist immer noch die Frage, die man als Betrachter gut nachvollziehen kann: Was würde ich tun? Wie würde ich reagieren?
Das Thema schafft es aber nicht den Film alleine zu tragen, bzw. die Inszenierung sieht vor hier und da noch ein paar Ausbruchversuche und Actionszenen einzubauen, statt sich dem fast philosophisch anmutenden Thema ganz zu verschreiben.
Und so ist KNOCK AT THE CABIN am Ende von allem ein bisschen was, ohne irgendwas davon richtig zu sein.
In Bezug auf die Genres, in denen sich der Film bewegt, wird ebenfalls ein buntes Crossover geboten (was aber wertfrei gemeint ist).
Wie man das von anderen Werken M. Night Shyamalans kennt, ist auch KNOCK AT THE CABIN keine Gewaltorgie und mehr Mystery als Horror.
KNOCK AT THE CABIN, die eierlegende Wollmilchsau
Da der Film 2023 erscheint, muss man über ein paar Dinge sprechen.
Das gleichgeschlechtliche Paar Eric und Andrew mögen einige als „wokes Getue“ ablehnen, insbesondere, wenn der Kalender in den letzten 40 Jahren nicht mehr umgeblättert wurde.
Die ungewöhnliche Konstellation zweier Männer, die ein asiatisch-stämmiges Kind adoptieren, ergibt im Laufe des Films aber durchaus Sinn und zwar WEIL sie nicht dem traditionellen Familienbild entspricht.
Konsequenterweise glauben die beiden zunächst, dass die Eindringlinge homophobe Absichten verfolgen.
Diese sind hingegen durchaus reißbrettartig divers gecastet und man hätte gut daran getan die Figuren näher zu beschreiben, statt alleine durch verschiedene Hautfarben zu definieren.
Spoiler!
Am Ende will Shyamalan die vier Fremden als die vier Reiter der Apokalypse dastehen zu lassen und schreibt ihnen jeweils eine Eigenschaft zu. Diese Eigenschaften sind nicht etwa die bekannten Pest, Krieg, Teuerung und Tod, sondern Boshaftigkeit, Fürsorge, Heilung und Führung.
Zum einen wirkt das Reduzieren auf eine Eigenschaft wie eine Rechtfertigung für die mangelnde Charakterisierung, zum anderen muss die Frage erlaubt sein, wie apokalyptisch denn bitte Heilung und Fürsorge sein sollen.
Offenbar soll das dann aber dann den „großen“ Twist darstellen, den keiner braucht und der auch nur dann zündet, wenn man 8 ist.
Spoilerende!
Fazit:
Gute Ansätze sind da, aber gleichzeitig wirkt der Streifen, als habe man die eierlegende Wollmilchsau gesucht und doch nur einen mäßig spannenden, mäßig nachvollziehbaren Film erschaffen.
Wer Lust auf den Film bekommen hat, kann ihn sich hier ansehen.