Rassismus und die dunkle Vergangenheit verschiedener Charaktere gehen in Horrorfilmen und Serien immer öfter Hand in Hand. So auch in der Serie THEM, die von fünf verschiedenen Regisseuren erarbeitet wurde. Schauen wir einmal, ob daraus ein großes Ganzes geworden ist.
Was ist die Story von THEM?
1950 in Amerika. Wir machen Bekanntschaft mit der Familie Emory, die in der als The Great Migration bekannten Zeit beschließt, von North Carolina in ein rein weißes Viertel in Los Angeles zu ziehen. Das Haus der Emorys liegt in einer scheinbar idyllischen Straße, aber böswillige Kräfte, sowohl reale als auch übernatürliche, drohen sie zu verspotten und zu zerstören.
Klare Fronten
Meist lässt sich eine Serie mehr Zeit (als nötig) um in die Gänge zu kommen. THEM tut das nicht, bereits die erste Folge zeigt, dass hier nicht nur das Drama um eine schwarze Familie bebildert wird, sondern übernatürliche Kräfte ihre Wirkung entfesseln wollen. Die Familie Emory, bestehend aus Mutter Lucky, Vater Henry und den Töchtern Ruby sowie Gracie, erscheint sympathisch und echt. Allerdings auch gebeutelt und ihr Wunsch nach einem besseren Leben ist nachzuvollziehen.
Höllische Nachbarn
Auch die Nachbarn der Emorys lassen nicht lange auf ihre Gesinnung warten. Gleich nebenan wohnt Betty, eine Dame, die all ihre Nachbarinnen unter Kontrolle hält, wobei sie selbst nichts bieten kann. Während ihre Freundinnen alle Kinder haben, hat sie nur eine schnelle Zunge und den wahnhaften Wunsch, alles unter Kontrolle zu behalten.
Betty ist es auch, die eine Nebengeschichte in THEM erhält. Ihre Herkunft wird beleuchtet und auch ihre schöne heile Welt, die im Laufe der Zeit zu bröckeln beginnt, will erklärt werden. Nebenhandlungen haben aber ihre Tücken, wie diese deutlich zeigt. Denn außer Andeutungen auf gewisse scheußliche Taten, die sie erlebte, bekommt man kaum ein klares Bild.
Da an THEM nicht nur fünf Regisseure, sondern auch nach IMDb-Eintrag sechs Autoren beteiligt waren, kommt die Vermutung auf, dass viele Drehbuchautoren auch viel Story in eine Staffel pressen wollen. Es ist zwar nicht so, dass es der Serie schadet, aber durch die permanent präsenten Emorys auch keine große Beachtung oder gar Mitleid erzeugt.
Rassismus und das Übernatürliche
Dass es darum geht, wie ungern die Emorys in ihrem neuen Heim gesehen werden, macht schon die Handlung klar. Die Darstellung, gepaart mit Horrorelementen, kennt man ähnlich aus Netflix‘ HIS HOUSE oder etwas ferner aus GET OUT. Tatsächlich könnte THEM auch gut ein Jordan Peele-Film sein (Tochter Ruby spielte in Peeles WIR) wäre da nicht ein kleiner Unterschied: mehr physische Gewalt.
THEM spielt mit Metaphern, die dazu dienen, den Zuschauer bei der Stange zu halten. Geht man dann nicht selten leer aus, oder muss mit fünfzig Interpretationsmöglichkeiten zurechtkommen, wird hier, im Verlauf, das Kind beim Namen genannt. Hat man noch kurz den Glauben der Handlung voraus zu sein, wird man mit drastischen, durchaus nachhaltigen Szenen eines Besseren belehrt.
Der übernatürliche Teil hätte schnell unnötig wirken können. Da er sich oft als Trauma der Charaktere entpuppt und somit seinen Sinn verliert. THEM schafft es aber eine Brücke zu bauen und lässt somit weder Trauma noch die bösen Geister unerklärt.
Nennenswerte Mängel?
Trotz der vielen Köpfe, die an THEM gearbeitet haben, ist kaum ein Makel zu entdecken. Die Kameraarbeit, Licht und Schnitt sind auf den Punkt. Die Atmosphäre wirkt zu jedem Zeitpunkt bedrohlich und wird mit stimmigem Score unterstützt. Der Haupt-Cast spielt mit Inbrunst und lässt den Zuschauer mitfühlen.
Mit zehn Folgen und als eigentliche Anthologie-Serie wirkt THEM überraschend ausgewogen und rund. Hier wird belohnt, wer gern eine sich stetig steigernde Horror-Serie sehen möchte. THEM bietet Drama, Horror, Grusel und selbst wenn man dem Thema Rassenhass, auch wenn er stets allgegenwertig ist, der damaligen Zeit nicht sehen möchte, noch viele sehenswerte Screentime.
Noch zu erwähnen wäre, dass THEM bisher nur im englischen O-Ton, dafür aber mit deutschem Untertitel zu sehen ist. Davon sollte man sich nicht abschrecken lassen, ansonsten verpasst man vielleicht eine der besten Horror-Prime-Serien der letzten Monate.
Bildquelle: Amazon Prime Video