Review: LONGLEGS (2024)

longlegs filmkritik
BEWERTUNGEN:
Redaktion: 8.0

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7.8/10 (4)

Darsteller: Maika Monroe, Nicolas Cage,
Regie: Oz Perkins
Drehbuch: Oz Perkins
Länge: 101 min
Land: ,
Genre: , ,
Veröffentlichung: 08. August 2024 (Kino)
Verleih/ Vertrieb: DCM
FSK: ab 16

LONGLEGS ist dieses Jahr nicht der erste Film, der mit einer durch Hören-Sagen und smartem Marketing ausgelösten Erwartungshaltung bei uns eintrifft.
Dort, wo er bereits zu sehen ist, wurde er meist gelobt und eine kreative Werbestrategie weckte frühzeitig Interesse.
Regisseur Osgood „Oz“ Perkins wird viel Talent zugesprochen. Dann spielt da auch noch Maika Monroe (IT FOLLOWS) mit, die sich zur Riege der jungen Scream Queens gesellt, und natürlich der einzigartige Nicolas Cage.

Nun ist er da und wir schauen mal, ob sich die Neugier lohnt.

Wovon handelt LONGLEGS?

Die FBI Agentin Lee Harker wird mit dem Fall eines Serienmörders vertraut, der über viele Jahre stets ganze Familien tötet und kryptische Schriftstücke am Tatort zurücklässt, die er mit „Longlegs“ unterschreibt. Das Besondere: der Killer bringt die Väter dazu die Familie und dann sich selbst zu ermorden, ohne scheinbar selbst vor Ort zu sein.
Da Lee in einem früheren Fall eine Art sechsten Sinn bewies, scheint sie die letzte Hoffnung in dem festgefahrenen Fall und tatsächlich schafft sie es die Spur aufzunehmen.

Longlegs maika monroe

LONGLEGS nimmt uns zurück in die 90er, dem Jahrzehnt der Serienmörder. Dem Jahrzehnt von DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER und SIEBEN. Dass eine junge FBI Agentin auf einen androgyn wirkenden Mörder angesetzt wird, kann gar nicht anders, als Assoziationen zu DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER zu wecken. Parallelen zu SIEBEN finden sich eher in der Stilistik, angefangen bei der Art und Weise, wie Vor- und Abspann präsentiert werden und auch LONGLEGS ist enorm düster. Darüber hinaus lassen sich auch verschiedene Parallelen zu SINISTER und GHOSTLAND ziehen.

Auf den Spuren großer Vorbilder und doch eigen

Alle vier Filme sind gute Adressen, man hat aber gar nicht den Eindruck, dass Perkins einem Vorbild gezielt nacheifert, denn der ist schon selbst groß und gibt seinem Werk seine individuelle Note. Logischerweise entsteht daraus wiederum Nähe zu seinen eigenen Werken. Da ist die Ruhe von I AM THE PRETTY THING THAT LIVES INSIDE THE HOUSE zu erkennen; da sind die Wirrungen aus DIE TOCHTER DES TEUFELS sichtbar; da ist eine gewisse Ästhetik aus GRETEL & HÄNSEL erkennbar, aber leider auch dessen löchriges Storytelling.

Anders formuliert: LONGLEGS kriegt dich nicht, weil er einen SIEBEN-artigen Megatwist im Ärmel hat, auch nicht nur SINISTER-mäßige Schocks und trotz einiger grimmiger Szenen nicht mal über die Gewaltanteile, sondern vor allem durch Atmosphäre.

longlegs rezension

Im Vorfeld war häufiger zu lesen, dass er ein Film ist, der haften bleibt und das kann ich bestätigen. Wenngleich die Story manchmal brüchig wirkt, weil sie nicht jedes Puzzleteil perfekt zum anderen passt oder andere Stücke ganz zu fehlen scheinen, sind genügend Teile vorhanden, um daraus ein Bild zu formen, das vermutlich für jeden Betrachter etwas anders aussieht. Gepaart mit schräg-morbiden Augenblicken und Lees sechstem Sinn, der von Anfang an verdeutlicht, dass man hier nicht an weltliche Ermittlungsarbeit gebunden ist, werden die Synapsen reichlich stimuliert.

Cage macht Cage-artige Dinge

Und damit sind wir bei Nic Cage.
Oft totgesagt, oft – auch von uns – belächelt, aber seit vielen Jahrzehnten im Geschäft und im richtigen Werk kultverdächtig. Cage konnte in den letzten Jahren in Filmen wie DIE FARBE AUS DEM ALL oder ARCADIAN unauffällig agieren und ist dann eben nur irgendein Schauspieler, dessen Gesicht man kennt. In MANDY ließ man sein Overacting hingegen von der Leine, weil es in seine Rolle passte und das war für diesen Film genau das Richtige.
In LONGLEGS ist Cage Mitproduzent, hatte also wohl noch mehr Einfluss auf die Rollengestaltung und spielt den Killer, der verrückt ist wie eine Scheißhausfliege.

Er hat nicht viel Screentime, sein Gesicht ist anfangs meist nur halb im Bild und wenn doch muss man aufgrund von Maske und Perücke, die ihn wie eine Mischung aus Buffalo Bill und Mrs. Doubtfire aussehen lassen, drei Mal hinsehen, um ihn ansatzweise zu erkennen. Das ändert sich, wenn ein enorm wahnsinniges Acting ins Spiel kommt, das so weit drüber ist, dass Jim Carrey in seinen besten Tagen wohl auch unter der Maske stecken könnte.
Damit strahlt er nicht die überlegte und überlegene Art eines John Doe aus, wirkt in diesem eigentlich bierernsten Film manchmal deplatziert wie ein Clown auf einer Beerdigung, dadurch aber auch befremdlich verstörend.

Longlegs nicolas cage

Auf der anderen Seite ist wie gesagt Maika Monroe als Lee Harker, die permanent so wirkt, als verstünde sie nicht so richtig, warum sie da ist und lieber wo anders wäre. Dabei ist sie kein unerfahrenes Mädchen, sondern stellt schon zu Beginn unter Beweis, dass sie Fehler, die Agent Starling in DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER machte, umschiffen kann. Ihr Schauspiel ist der ruhige Gegenpol zu Cage, als Zuschauer lernen wir aber erst im Laufe der Handlung ihre Figur zu begreifen.

Fazit zu LONGLEGS

LONGLEGS ist ein Streifen, der mehr über die Atmosphäre als eine stringente Handlung kommt.
Natürlich kann man bei dem Wort „Atmosphäre“ die gleichen Leute, die den Film mit einem abwertenden „Hype“-Label bedenken werden, auch schon wieder im Kinosaal gähnen hören, aber wer Stimmung zu schätzen weiß, ist hier goldrichtig.
Filmfans werden über ihn sprechen wollen, nicht nur, weil er handwerklich stilsicher rüberkommt, sondern auch weil Gesprächstherapie hilft, die erlebten Dinge im Kopf zu ordnen.

Und damit ist es auch ein Film, dessen finales Urteil noch nicht in Stein gemeißelt ist. Zumindest die Punktebewertung sollte man daher mit dem Vorbehalt aufnehmen, dass LONGLEGS auch drei Tage nach Sichtung noch im Kopf des Rezensenten herumgeistert.

 

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