Wie selten osteuropäisches Genrekino bzw. im konkreten Fall eine tschechisch-slowakische Koproduktion zu uns kommt, sieht man unter anderem daran, dass bei fast 1700 Reviews, die man bei uns findet, die slowakischen und tschechischen Einträge bequem an einer Hand abzählbar sind.
Mit NIGHTSIREN kommt nun aber ein Film dazu, der nicht nur nominell diesen Ländern zuzuordnen ist, sondern einige landestypische Folklore-Vibes mit sich bringt.
Worum geht es in NIGHTSIREN?
Jahre nachdem sie ihren Heimatort verließ, kehrt Šarlota dorthin zurück, um das Erbe ihrer Mutter anzutreten. Deren Haus ist abgebrannt und so zieht die junge Frau in eine Hütte, in der eine Hexe gelebt haben soll.
In dem abgeschiedenen Bergdorf wird Šarlota argwöhnisch betrachtet. Sie selbst sucht zwar nach Antworten auf die Fragen der eigenen Vergangenheit, aber die Vergangenheit kann man hier auch deswegen greifen, weil sich die Uhr nicht weitergedreht zu haben scheint. Konflikte sind damit vorprogrammiert.
NIGHTSIREN macht dem Mainstream keinen Spaß
Um NIGHTSIREN einordnen zu können, ist von Interesse, dass er auf einer ganzen Reihe von Filmfestivals lief, darunter renommierten Veranstaltungen wie das Locarno Film Festival, in Sitges oder in Deutschland auf den Fantasy Filmfest Nights.
Man sollte auch wissen, dass mit Tereza Nvotová eine Frau Regie führte.
Ersteres lässt erahnen, dass NIGHTSIREN einen gewissen Anspruch mitbringt und nicht alleine shock value besitzt. Und richtig, der Film ist mehr Mystery als Horror, mehr Drama als Thriller.
Zweiteres merkt man im Laufe der Geschichte und das nicht nur, weil Šarlota eine Frau ist; nicht nur, weil die Hexenthematik angefasst wird, sondern weil sie sie jemand ist, die moderne Welt erlebt hat und sichtlich mit den patriarchalischen Strukturen der Heimat, wo die Schwachen (Frauen, Kinder, Tiere) nichts zu melden haben, sondern sich Männer als echte Kerle fühlen können.
Nun mag man das unter „andere Länder, andere Sitten“ abtun oder denken, dass kleine Bergdörfer nun mal überall auf der Welt eine Rückständigkeit mit sich bringen, tatsächlich ist die Verweigerung eingerostete Strukturen zu verlassen, aber omnipräsent, so dass sich Elemente des Films auf verschiedene gesellschaftliche Bereiche übertragen lassen.
Natur vs. Mensch…eine einfache Wahl
Dem gegenüber steht die Freiheit der Natur. NIGHTSIREN ist alles andere als überproduziert und kommt nicht mit kunstvoller Kameraarbeit daher, sondern nutzt primär natürliches Licht, aber wenn man die Menschen kennengelernt hat, weiß man die Simplizität von Tieren und Wald zu schätzen.
Und so sollte man sich auch nicht wundern, dass dies ein entschleunigter Film ist, der von Atmosphäre lebt und als Ganzes gesehen werden muss, statt sich auf starke Einzelszenen zu stützen.
NIGHTSIREN wirkt aber auch nicht immer schlüssig. Viele Szenen sind als Einzelteil gar nicht zuzuordnen, tragen zur Handlung nichts bei oder wirken bedeutungslos.
Fazit:
NIGHTSIREN ist ein Film, der von vorn herein gewisse Bevölkerungs- und Fangruppen abstößt, aber auch Freunde roher Aufnahmen und der ruhigen Mystik werden womöglich Fragen haben oder Wiederholungen bemerken.
Und trotzdem sollten Freunde von LUZIFER, THE WITCH, HAGAZUSSA und anderen Slowburnern mal einen Blick riskieren.
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