WE ARE ZOMBIES ist der neueste Streich des kanadischen Regie-Trios François Simard, Anouk Whissell, Yoann-Karl Whissell, die man auch unter dem Kürzel RKSS kennt. Wem das immer noch kein Begriff ist: die drei drehten TURBO KID und SUMMER OF 84.
Wovon handelt WE ARE ZOMBIES?
In der nahen Zukunft sind wandelnde Tote ein Teil der Gesellschaft. Sie tun niemandem etwas, aber sie nerven gewaltig. Daher gibt es den Coleman-Konzern, die deine stinkigen Angehörigen abholen und „in Ruhestand“ schicken.
Freddie, Karl und Maggie sind drei Taugenichtse, die daraus ein Geschäft machen, die Zombies Colemann wegzuschnappen und weiterzuverkaufen.
Das passt allerdings dem einflussreichen Konzern nicht und sie nehmen die Großmutter von Karl und Maggie gefangen, um 25.000$ zu erpressen.
Hohe Erwartungen sind tödlich.
Wie oft liest man in den Kommentarspalten den Satz: „da habe ich mir mehr erwartet“?
Wenn man einen 10 Punkte-Film erwartet, ist selbst ein 9 Punkte-Film eine Enttäuschung und wer sich auf Trailer oder vollmundige Werbebotschaften verlässt, wird schneller auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, als wenn man unvoreingenommen in einen Film geht.
Aber auch nach ein paartausend Horrorfilmen kann man sich nicht immer von einer Erwartungshaltung freimachen und so rechnete ich alleine aufgrund der drei Regisseure bei WE ARE ZOMBIES mit einem spaßig-blutigen 80er-Jahre-Retro-Schinken…und bekam ihn.
RKSS wirft erneut die Zeitmaschine an und lässt die Zukunft wie die Vergangenheit aussehen
RKSS bleiben ihrer Linie treu, Filme zu drehen, die du dir vor dem Mauerfall in der Videothek hättest holen können (abhängig davon auf welcher Seite der Mauer du gelebt hast).
Filme, deren Helden oft Flitzpiepen waren, deren Score aus Synthesizern bestand, bei denen Leichenteile umherflogen und wo man es auch nicht jedes Thema mit Fingerspitzen anfasste, sondern mal politisch unkorrekt wem auf den Schlips trat, ohne es böse zu meinen.
Allerdings kann man auch nicht ganz totschweigen, dass sich die Uhren weitergedreht haben und während der Verfasser dieses Reviews die 80s-Trademarks noch immer schätzt, reicht es nicht, einfach alte Gags von damals erneut zu bringen und auf großes Gelächter zu hoffen.
Wenn unsere Anti-Helden beispielsweise an einem Zombie-Kopf herumzerren, lässt sich erahnen, dass der früher oder später abreißen wird und auch das anschließende Wiederbefestigen hat man über die Jahre häufig gesehen.
Die Prämisse, dass Zombies oder wie sie hier dann doch politisch korrekt genannt werden „Lebensbeeinträchtigten“, ein Teil der Gesellschaft sind, aber wie Bettler oder pflegebedürftige Menschen nur geduldet, nicht geachtet werden, ist dabei sicher nicht verkehrt und wer will mag darin sogar eine Spur Sozialkritik bemerken.
Das ist nicht neu, es ist aber auch nicht so alt wie es sein möchte
Allerdings macht WE ARE ZOMBIES zu wenig aus seinen Ansätzen. Das liegt nicht nur am Timing des Humors, der eher zum Schmunzeln als Losbrüllen anregt, es liegt auch am Timing des Films. Wäre er vor 10 Jahren erschienen, hätten wir uns inmitten einer Untoten-Welle befunden. Zur zeitlichen Orientierung: 2014 lief die vierte Staffel von THE WALKING DEAD.
Wäre er vor 10 Jahren erschienen, wäre auch das 80er-Retro-Ding vor STRANGER THINGS und sogar vor TURBO KID noch unverbraucht gewesen.
2024 sieht das anders aus.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, all diese Elemente kann man auch 2024 bringen, sie alleine tragen aber keinen Film mehr. Lebte TURBO KID vor allem von Frische aber nicht unbedingt einem klugen Drehbuch, wurden für SUMMER OF 84 externe Schreiber angeheuert. WE ARE ZOMBIES stammt größtenteils wieder von RKSS und der Plot fällt hier dünn aus.
Gleichzeitig lässt sich aber auch festhalten, dass sich der Film nicht blamiert. Trotz einiger frivoler Späßchen war keine Fremdscham nötig. Die Effekte sind blutig und augenscheinlich handgemacht, die Masken sehen anständig aus und die Figuren unterhalten. Dass sich die Handlung eines Retro-Looks bedient, dabei aber auch moderne Errungenschaften einbaut und sich unterm Strich nicht auf eine Jahreszahl zuordnen lässt, könnte man störend empfinden, ist aber ein Stilmittel, dem sich in der jüngeren Vergangenheit auch schon Filme wie IT FOLLOWS oder CUCKOO bedienten.
Fazit zu WE ARE ZOMBIES
WE ARE ZOMBIES ist kein mieser Film, er wirkt aber weniger frei als die beiden Vorgänger. Viele Regisseure bzw. auch andere Künstler kommen irgendwann an den Punkt, an dem das, was anfänglich leicht von der Hand ging, plötzlich bemüht erscheint.
Fans von TURBO KID / SUMMER OF 84 soll dieses Review daher nicht abraten WE ARE ZOMBIES zu sehen, aber vielleicht macht es Sinn, die Erwartung etwas zu reduzieren.
Hier kannst du dir WE ARE ZOMBIES ansehen
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