Es gibt diese Filme, die unscheinbar wirken, aber zu denen es dich immer wieder zurückzieht.
FARGO ist ein solcher Film, der aus dem tristen Winter Minnesotas geschnitzt und mit einem Kriminalfall besprenkelt wurde, der zwar vorgibt auf Tatsachen zu beruhen, dabei aber gar nicht mal spektakulär daherkommt.
Was den Film trotzdem auszeichnet, haben wir mit der unzähligsten Sichtung betrachtet.
Wovon handelt FARGO?
Jerry Lundegaard hat Geldprobleme. Sein Schwiegervater ist zwar reich, aber der einzige Weg um davon etwas abzubekommen, ist für Jerry die eigene Frau von zwei angeheuerten Verbrechern entführen und den Alten dafür zahlen zu lassen.
Doch nichts läuft nach Plan und schnell färbt sich die Eiswüste rot vom Blut.
Alles ist so gewöhnlich, dass man Gähnen möchte. Die Gangster scheinen gelangweilt, die Figuren sehen norm
al aus, die Locations haben keinen Glanz und bei alledem wirkt dieser 90er-Film mit 80er- Handlung nicht mal einer Zeit zugehörig.
Nur, dass diese langsame Geschichte von den Coen-Brüdern Ethan und Joel mit viel Zug, schwarzem Humor und der nötigen Gewalt erzählt wird, während sich die Schauspieler auf eine schier unaufgeregte Art und Weise überbieten möchten.
William H. Macy, Frances McDormand, Steve Buscemi, Peter Stormare oder John Carroll Lynch gehören weder zu den bekanntesten, noch auffälligsten oder schönsten Menschen Hollywoods, füllen ihre Rollen aber mit viel Leben.
Die Kombination aus alledem brachte FARGO 7 Oscar-Nominierungen ein, zwei der Goldfiguren nahm er mit nach Hause: bestes Drehbuch und beste Hauptdarstellerin.
Warum Macy, der mehr Screentime als McDormand hat, für den besten Nebendarsteller nominiert war, sie aber für die beste Hauptdarstellerin, bleibt eines der vielen Oscar-Rätsel, kann aber ohnehin keine Leistung schmälern.
„Die Umstände haben sich geändert, Jerry.“
McDormands Figur Marge als schwangere Polizistin ist dabei so bodenständig wie der Film selbst und Macy als Jerry, der ein windiger Autoverkäufer und eben auch Auftraggeber für die weiteren Ereignisse ist, hat zwar nichts Liebens-, auf den zweiten Blick aber einiges Bemitleidenswertes. Immerhin wird er von allen Seiten in die Zange genommen und ist eigentlich mit jeder Situation überfordert.
Dahingegen wirken die beiden Entführer wie abgebrühte Hunde, denen man auch schlimmeres als Kidnapping zutraut (wozu es auch schnell kommt), die sich aber nicht leiden können. Gaear (Stormare) ist dabei der schweigsame Klotz, der an den fiesen Anton Chigurh aus NO COUNTRY FOR OLD MEN erinnert, ein weiterer Coen-Film. Der von Buscemi gespielte Carl ist hingegen das Sprachrohr und Gehirn des ungleichen Paares.
Die Brüder Coen, die übrigens in Minnesota geboren wurden, was dem Film sicher den nötigen Lokalkolorit mitgab, schaffen es Situationen entstehen zu lassen, die gleichzeitig ernsthaft brutal und schreiend komisch sein können.
Wenn die Gangster ihr Opfer, dessen Augen verbunden sind, hilflos umherirren lassen, wirkt die Szene nicht, als wäre sie auf einen Lacher aus, es fällt aber schwer ein Grinsen zu unterdrücken. Und wenn Marge einen der Bösewichte stellt, während der gerade einen Körper mit dem Holzhäcksler zerlegt, wegen der lauten Maschine aber schlicht nicht verstanden wird, ist auch das eine absurde Brutalität.
„Und jetzt sind Sie gefangen und es ist so ein wunderschöner Tag“
Dementsprechend ist FARGO garantiert kein Horrorfilm, kann ansonsten aber von Komödie, über Drama bis Thriller überall zugeordnet werden.
Die Behauptung, hier einen wahren Fall vorgeführt zu bekommen, ist übrigens geschummelt, allerdings wäre es nicht abwegig, wenn -mal von den überzeichneten Figuren abgesehen- etwas ähnliches geschehen wäre.
Ab 2014 zog der Film eine gleichnamige TV-Serie nach sich, die als Spinoff zu verstehen ist, mit Billy Bob Thornton, Ewan McGregor, Patrick Wilson oder Jesse Plemons auch namhaftes Personal aufweisen kann und ebenfalls sehenswert ist.
Die Coens waren dort nur noch Produzenten, zauberten aber in den Jahren nach FARGO weitere tolle Werke wie THE BIG LEBOWSKI, O BROTHER, WHERE ART THOU oder den schon erwähnten NO COUNTRY FOR OLD MEN.
Fazit zu FARGO
In der Ruhe liegt bekanntlich die Kraft und die strahlt FARGO aus, ohne je langweilig zu sein. Einem Film, der provinziell wirken will und durch den permanenten Schnee und Eis fast eingefroren erscheint, hätte mehr Radau auch gar nicht gestanden. Stattdessen stehen Story und Figuren im Vordergrund und da alles an FARGO zeitlos wirkt, entsteht ein hoher Wiederschauwert.
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