Review: NOSFERATU – DER UNTOTE (2024)

nosferatu-der-untote rezension
BEWERTUNGEN:
Redaktion: 7.5

Please rate this

7.2/10 (6)

Darsteller: Nicholas Hoult, Bill Skarsgård, Lily-Rose Depp, Willem Dafoe
Regie: Robert Eggers
Drehbuch: Robert Eggers
Länge: 127 min
Land:
Genre:
Veröffentlichung: 03. April 2024 (DVD+BD)
Verleih/ Vertrieb: Universal
FSK: ab 16

Nach THE WITCH, DER LEUCHTTURM und THE NORTHMAN weiß man, für was Robert Eggers steht. Kompromisslosen Zeitgeist, der Sprache und Look seiner Filme authentisch erscheinen lässt.
Mit NOSFERATU – DER UNTOTE hat sich Eggers aber diesmal keine eigenständige Geschichte genommen, sondern liefert nach F.W. Murnau und Werner Herzog bereits die dritte NOSFERATU-Aufarbeitung.

Nicht eingerechnet sind dabei natürlich die weiteren unzähligen DRACULA-Adaptionen, die grundsätzlich die gleiche Geschichte erzählen.
Kann das funktionieren? Und braucht es einen weiteren DRACULA / NOSFERATU – Film?

nosferatu filmkritik

Wovon handelt NOSFERATU – DER UNTOTE?

Im 19. Jahrhundert reist Thomas Hutter in die Karpaten, um dort vom Grafen Orlok einen Vertrag über den Kauf eines Hauses in Wisborg, der Heimat Hutters und seiner Frau Ellen, unterzeichnen zu lassen.
Dort muss er erfahren, dass andere Länder nicht nur andere Sitten beherbergen, sondern dass der Graf ein scheußliches Monster ist, dass es auf Ellen abgesehen hat. Während Thomas im Schloss des Vampirs festsitzt, reist der nach Deutschland und bringt Tod und Pestilenz mit sich.

Gespielt wird Orlok diesmal von Bill Skarsgård (ES), der allerdings nur mit viel Fantasie unter Maske und einem dicken Schnauzbart zu erkennen ist. Zwar wirkt seine Figur auf den ersten Blick menschlicher als es der unheimliche Max Schreck 1922 tat, dieser Orlok hat aber rein gar nichts von den Gentleman-Zügen vieler Dracula-Verfilmungen, sondern wirkt auch charakterlich von der ersten Minute an rau, unangenehm und boshaft.
Dass der Graf stets schwer atmet, als leide er an einer ernsthaften Lungenkrankheit, mag der ein oder andere auf Dauer als störend empfinden, aber natürlich sind es diese Details, die einen Film Eggers ausmachen.

Nosferatu der untote 2024

Hutter wird indes gut erkennbar von Nicolas Hoult gemimt, der erst kürzlich in der Klamotte RENFIELD Vampirluft schnuppern durfte.
Hoult schafft es, dass man seiner Figur das Unwohlsein, in ein unbekanntes, weit entferntes Land zu reisen, in dem er auf eigenwillige Sitten stößt, abnimmt. Auch die folgende Tortur auf dem Schloss ist glaubwürdig und nachvollziehbar.

Mit Overachting gegen den Tod

Seine Filmfrau Ellen wird gespielt von Lilly-Rose Depp, über die man reden muss.
Denn entweder ist sie oder aber jeder andere deplatziert.
Wann immer Ellen etwas sagt, wirkt das wie eine Theaterschauspielerin, die eine übertriebene Inbrunst in die Worte legt. Man könnte das auch als Overacting bezeichnen und es fällt insbesondere deswegen auf, weil offenbar alle anderen Darsteller informiert waren, dass hier ein Film gedreht wird und das theatralische Schauspiel, wie es zu Zeiten der Geburt des Kinos vielleicht noch üblich war, auch dann 2024 nicht mehr erforderlich ist, wenn die Geschichte in der Vergangenheit spielt.

Weitere nennenswerte Darsteller sind Willem Dafoe (DER LEUCHTTURM), Ralph Ineson (THE WITCH) und Aaron Taylor-Johnson (TENET), die ihre Sache wiederum anständig machen.

nosferatu - der untote willem dafoe

Mehr als 100 Jahre sind seit der Uraufführung von Murnaus Stummfilmklassiker vergangen, aber auch mit Dialog, Farbe und technischen Möglichkeiten, lässt Eggers an vielen Stellen vergessen, dass sein Film im 21. Jahrhundert entstand.
Wie zu lesen war, wehrte sich Eggers gegen den Einsatz von moderner Technik, ließ statt CGI-Schnee eine verschneite Kulisse aus Kartoffelflocken entstehen und für Orloks Stimme durfte kein simpler Verzerrer herhalten, sondern intensives Stimmtraining von Bill Skarsgård.

Und wenn der Film doch auf aktuelle Technik zurückgreift, setzt er sie gewinnbringend ein. Durch das Nutzen von lichtempfindlichem Equipment konnte auf künstliche Ausleuchtung verzichtet werden, was in der Folge den Einsatz von natürlichem Licht ermöglichte.
Gerade die authentische Ausleuchtung gibt NOSFERATU – DER UNTOTE einen zwar düsteren (eine Kerze ist nun mal kein Flutlicht), aber auch realen Look.

Zwischen Nostalgie und ein wenig Moderne

Aber auch an anderer Stelle ist die Moderne im Film angekommen. Kamerafahrten und Flüge über die Stadt, Nacktheit und Sex, Blut und Brutalität…all das wäre in den 1920er-Jahren aus verschiedenen Gründen in dieser Form nicht denkbar gewesen.
Sex und Tod sind in Vampirgeschichten aber natürlich ohnehin treue Bestandteile und dienen in diesem Fall nicht alleine dem Selbstzweck, sondern werden in die Geschichte eingebettet.

Damit entsteht ein Film, der zwar zeitgemäß, aber nicht bemüht modernisiert wirkt. Vielleicht kann man sogar von einem Film sprechen, der sich so sehr um die Vergangenheit bemüht, dass er sicher nicht jeden abholen wird.
Im Grunde erleben wir also einen ganz gewöhnlichen Eggers-Film.
Dass beispielsweise die Schiffsfahrt nach Wismar kein CGI-Bubblegum-Kino a la DIE LETZTE FAHRT DER DEMETER ist, sondern mit viel Atmosphäre daherkommt, spricht zwar für NOSFERATU – DER UNTOTE, das wird ein junger Gelegenheitsschauer aber vermutlich umgekehrt sehen.

Wer also einen simplen Schauerfilm mit hohem Entertainment-Faktor sehen will, wird woanders leichtere Kost finden als mit NOSFERATU – DER UNTOTE. Auch spielen Liebe und Romantik wieder eine Rolle, anders als in BRAM STOKERS DRACULA von 1992 rücken diese aber weiter in Hintergrund. Hier steht der Vampir vor allem für den Tod, wie es sich auch Bram Stoker ausgemalt hat.

nosferatu - der untote 1922 1979 2024

Eggers lässt übrigens erkennen, dass er die Vorgänger kennt und bedient sich an bekannten Motiven, wo es ihm angemessen erscheint. Das gilt in Bezug auf die früheren NOSFERATU-Filme ebenso wie den ein oder anderen Gedanken, den man insbesondere in BRAM STOKERS DRACULA schon einmal sah. Ob das eine gute Idee ist oder es sogar besser gewesen wäre alleine nur die Rahmenhandlung zu übernehmen, lassen wir an dieser Stelle mal unbeantwortet.

Fazit zu NOSFERATU – DER UNTOTE

Robert Eggers gibt uns, was man von ihm erwartet und es ist sicher nicht verkehrt alle 50 Jahre Graf Orlok aus der Gruft zu holen und neu zu interpretieren. NOSFERATU – DER UNTOTE ist sehenswert, er verzichtet auf Quatsch und er nimmt sich die Unbequemheit einfältiges Entertainment auszuklammern.
Allerdings ist Lilly-Rose Depp eine Fehlbesetzung und mir persönlich wäre „eigenes“ Material von Eggers lieber gewesen. Aber das kommt ja sicher bald.

 

Hier kannst du NOSFERATU – DER UNTOTE schauen

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert