Menschen, die aus dem Nichts ausrasten und anderen an den Kragen wollen, das klingt wie das nächste Zombie- oder Infiziertenmovie. Aber VINCENT MUST DIE hat trotz ein paar unvermeidbarer Parallelen einen ganz eigenen Ansatz gefunden.
Wovon handelt VINCENT MUST DIE?
Ohne ersichtlichen Grund wird Vincent eines Tages im Büro von einem Kollegen mit einem Ordner attackiert. Hinterher weiß der Kollege nicht einmal, was ihn dazu brachte.
In den nächsten Tagen folgen ähnliche Vorfälle mit einer aggressiven Autofahrerin und den Nachbarskindern. Vincent flüchtet aufs Land, aber sicher ist er auch dort nicht. Doch er merkt, dass er nicht alleine ist.
Der Stoff aus dem VINCENT MUST DIE ist, hätte sich sowohl für eine Komödie als auch einen Actionfilm oder Horrorfilm geeignet und von allem sind Elemente zu erkennen, aber Regisseur Stéphan Castang, der hiermit sein Langfilmdebüt gibt, setzt auch auf Slow-Burn-Drama.
Das deutsche Filmcover strahlt daher mehr Rasanz aus, als sich beim Anschauen findet und erste Enttäuschungen sind damit vorprogrammiert. Allerdings hat VINCENT MUST DIE Qualitäten, denn als Zuschauer, der stets an Vincents Seite ist, wächst nicht nur die Paranoia, dass jeder Mensch, dem er begegnet in der nächsten Sekunde auf ihn losgehen könnte, sondern auch der Wunsch zu erfahren, was hier eigentlich los ist.
Denn anders als in vielen vielen Streifen, bei denen ein Virus oder ähnliches normale Menschen zu Gewalttätern macht, liegt die Ursache offenbar im Opfer Vincent, was eine besondere Form der Täter-Opfer-Umkehr darstellt.
Gewalt erzeugt Gegengewalt
Was sich verraten lässt, direkter Augenkontakt ist eine Sache, die Angriffe auslöst, damit ist aber längst noch nicht alles erklärt.
Vor allem, wenn (ACHTUNG SPOILER) sich im letzten Filmdrittel abzeichnet, dass nicht nur Vincent zu einer kleinen Gruppe Unglücklicher gehört, die sich Sentinelesen nennt, weil sie sich von der Außenwelt isolieren müssen, sondern die Gewalt weitere Kreise zieht, entstehen mehr Fragen, als der Film beantworten kann oder will.
Das bedeutet aber nicht, dass VINCENT MUST DIE nicht zumindest Interpretationsspielräume anbietet und einlädt über Gewalt/Gegengewalt zu philosophieren, konkreter wird er aber nicht.
Da rechnet man dann ab einem gewissen Punkt bereits mit einem Ende, das nicht wirklich einen Abschluss liefert und bekommt es auch. Der gesetzte Cut hätte für den Zuschauer auch leicht 10 Minuten früher oder später gesetzt werden können, ohne dass ein merklicher Unterschied da wäre.
VINCENT MUST DIE ist also kein Film, der einem alles vorkauen würde und einiges, wie die neue Freundin von Vincents Vater, über die wir viel erfahren, ohne die Figur auch nur ein einziges Mal zu sehen, sind sogar gänzlich überflüssig.
Es bleiben Fragen
Hier scheint dann die Unerfahrenheit des Regisseurs durch, der in verschiedenen Bereichen nicht auf den Punkt kommt….
….aber es schafft eine einsame Stimmung aufzubauen und den Hauptfiguren eine gute Chemie auf den Weg zu geben. Neben Vincent, sind das eine Kellnerin, die selbst vor Gewalt flüchtet, und sein (ausgesprochen knuffiger) Hund, den er sich auf Anraten eines anderen Sentinelesen holt, weil Hunde auf die Aggressoren reagieren.
Da die Locations rasch wechseln, entsteht zudem das Gefühl ein Roadmovie zu sehen, während Vincent und seine Mitstreiter aufs Ende der Welt zufahren.
Bei aller Gewalt ist VINCENT MUST DIE kein Film, der diese zelebriert, aber er scheut sich auch nicht davor zurück und setzt immer mal wieder Gewaltspitzen, von denen vielleicht vor allem ein ekliger Überlebenskampf in Jauche erwähnenswert ist.
Fazit zu VINCENT MUST DIE
Die einen werden sich überfordert und gelangweilt abwenden, die anderen die Andersartigkeit loben. Ich schlage mich eher auf die Seite des Lobs, da hier ein frischer Wind weht und eine paranoide, aber auch zuweilen telotische Stimmung erzeugt wird.
Allerdings hat VINCENT MUST DIE auch einige Schwächen in der Inszenierung und daher muss man sagen, dass hier leicht mehr drin gewesen wäre.
Hier kannst du dir den Film ansehen