Eigentlich hatte ich keine Lust diesen Film zu sehen, geschweige denn ein Review dazu zu verfassen, aber nachdem TRAP der Drehbuch-Murks des Jahres war und über THEY SEE YOU ähnliches zu lesen war, sah ich mich von einer ungesunden Macht angezogen, wie Motten vom offenen Feuer.
Die Gemeinsamkeiten der beiden Filme liegen im Namen Shyamalan. Nachdem Papa M. Night die eine Tochter Saleka übertrieben prominent in seinem TRAP unterbrachte, fungierte er nun als Produzent für den von der zweiten Tochter Ishana, deren Debütfilm THEY SEE YOU ist.
Wovon handelt THEY SEE YOU?
Mina soll einen Vogel vom irischen Galway nach Belfast fahren. Inmitten eines dichten Waldes bleibt ihr Auto liegen und sie begibt sich tiefer in die Wildnis. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit entdeckt sie eine Art Betonbunker und eine alte Frau ruft sie zu sich.
Gerade noch rechtzeitig, denn nachts schleichen die Watcher um das Gebäude.
Mina und die drei anderen Menschen, die in der sogenannten Box, einem Betonklotz mit nur einem Raum, untergekommen sind, müssen sich nun jede Nacht vor einen einseitigen Spiegel stellen, durch den sie nicht hinaus, aber die Watcher herein schauen können.
Willkommen bei den Shyamalans, wo keine Idee zu krude, keine Wendung zu groß und keine Prämisse zu weit hergeholt ist. Nun kann man sagen, dass Ishana eine würdige Erbin des kreativen Prozesses ist, man kann aber auch sagen, dass THEY SEE YOU zwar eine ganz andere Geschichte, im Herzen aber der gleiche Mist wie TRAP ist.
Da fällt es wirklich schwer einen Anfang zu finden, aber nehmen wir vielleicht die Tatsache, dass Mina nicht etwa die Straße entlang nach Hilfe sucht, sondern mitten in den Wald geht (mit Vogelkäfig). Die ältere Madeline, die Mina schon mit bedeutungsschweren Worten in den Bunker lotst weiß alles, es fragt nur keiner warum, und alles was sie sagt, wird mit einer unheilvollen Theatralik vorgetragen, die ab dem Moment des Kennenlernens dämlich wirkt.
„Wenn dir dein Leben lieb ist, dann musst du rennen“
Sie ist dann auch diejenige, die wichtige Regeln kennt. Man darf sich beispielsweise tagsüber nicht den seltsamen Erdlöchern in der Umgebung nähern, muss abends die Tür schließen und darf der Scheibe nicht den Rücken zukehren. Nahezu alles davon wird früher oder später gebrochen, ist aber nicht so wild, was viel über Regeln und Film aussagt.
Der ist obendrein so zusammengeschnitten, dass kaum das Gefühl des „Was ist hier los?“ entsteht, sondern Mina rasch in den Trott der anderen verfällt, die mit ihrer Situation umgehen, als wären sie im Center Parc.
Die Box kennt aber keinen Luxus, sondern ist nur mit ein paar Sitzmöglichkeiten und einem alten Fernsehgerät ausgestattet. Keine Küche, kein Bad, kein Klo, kein Bett. Da könnte es wundern, dass die vier unfreiwilligen WG-Bewohner nach Tagen und Wochen noch wie aus dem Ei gepellt aussehen und auch Themen wie Hunger kein nennenswertes Ding zu sein scheinen.
Darin zeigt sich, dass sich die junge Regisseurin dem komplett abstrusen Plot hingibt, aber sämtliche zwingende Begleiterscheinungen gänzlich ignoriert.
Auf Logik oder auch nur semi-erwartbares menschliches Verhalten wird ein großer stinkender Haufen gesetzt. So scheint auch nach Monaten niemand mal unter den Teppich geschaut zu haben, denn (Spoiler) irgendwann sehen wir, dass darunter ein Schacht ist.
THEY SEE YOU ist ein großer stinkender Haufen
Da gibt es dann auch mehr Infos zu den Watchern.
Eine Andeutung findet sich bereits zuvor in den Videotapes einer Big Brother – artigen TV-Sendung, die Mina zum Zeitvertreib schaut. Denn natürlich sind die Watcher wie Fernsehzuschauer, die das Verhalten von Menschen studieren. Auch scheinen sie diese körperlich zu imitieren und der Hinweis, dass sie anfangs mit der Anzahl der Finger falsch lagen, lässt an manch schlechtes KI-Bild denken.
Man kann nicht sagen, dass THEY SEE YOU komplett planlos wäre und der Kern der Geschichte hat was von THE HOLE IN THE GROUND. Immerhin spielen beide in Irland und greifen ein Stück der dortigen Folklore auf. Bei THEY SEE YOU hat man nur leider den Eindruck, dass Folklore, Mystery, Horror und die unbedingte Absicht einen shyamalanschen Twist zu verpfeffern sich reichlich im Weg standen.
Dass es hier (nochmals Spoiler) um Gestaltenwandler geht, ist aber hinter so viel Schwachsinn, sowie lieb- und talentlosem Filmmaking verpackt, dass es kaum noch eine Rolle spielt.
Bedauerlich ist übrigens auch, dass Dakota Fanning die Hauptrolle spielt, die nun wirklich schon in besseren Sachen zu sehen war (z.B. BRIMSTONE). Aber auch Georgina Campbell (BARBARIAN), die durch einen Dauereinsatz in Genrefilmen gerne in den Scream Queen – Olymp möchte, hatte bessere Auftritte. Selbst die inzwischen auf alte, weis(s)e Frau abonnierte Olwen Fouéré war schon in besseren Filmen (THE NORTHMAN zum Beispiel), ist hier aber als Figur und Darstellerin enorm anstrengend.
Fazit zu THEY SEE YOU
THEY SEE YOU kann TRAP die Hand reichen. Diese beiden Angriffe auf den gesunden Menschenverstand schenken sich nichts.
Mittlerweile wirkt die Shyamalan-Familie wie ein selbstverliebter Haufen, die sich ihre Drehbücher nur gegenseitig absegnen und ansonsten grünes Licht haben, da die Kasse trotzdem stimmt.
Vielleicht sollte man dem Clan eine Reality-Show geben, die man dann auch THEY SEE YOU nennt, aber bitte bleibt (zumindest in dieser Form) von Filmen fern.
Hier kannst du -auf eigene Gefahr- THEY SEE YOU anschauen