TIN UND TINA, das klingt nach Kinderfernsehen, das klingt nach Ponyhof, das klingt nach spaßigen Abenteuern in den großen Ferien. Dass sich dahinter ein -ungewöhnlich gelagerter- Horrorfilm verbirgt, erschließt sich nicht sofort.
Ungewöhnlich, so viel darf man an dieser Stelle verraten, weil hier der Weg zur Hölle mit guten Absichten gepflastert ist.
Worum geht es in TIN UND TINA?
Ausgerechnet am Tag ihrer Hochzeit erleidet Lola eine Fehlgeburt. Da sie keine Kinder mehr bekommen kann, beschließen sie und Ehemann Adolfo eine Adoption. Im kirchlichen Waisenhaus fallen den beiden die Geschwister Tin und Tina ins Auge und sie beschließen den beiden ein Zuhause zu geben. Dass die beiden Neuankömmlinge streng christlich sind, wird doch nicht stören…oder?
Nein, ein Tischgebet ist in der Regel nicht gefährlich, stößt aber bei den wenig gläubigen Adoptiveltern auf heitere Verwunderung.
Aber damit endet die Umsetzung der christlichen Erziehung noch lange nicht und in einer Mischung aus Überambition und Unverständnis machen die Kinder ihren Eltern das Leben zur Hölle.
An dieser Stelle sei vor zwei Dingen gewarnt:
1. Wer die klassische Mär von bösen Kindern sehen will, sollte sich besser DAS OMEN, THE CHILDREN, FRIEDHOF DER KUSCHELTIERE oder (na ja) ORPHAN ansehen.
2. Wer den härtesten Horrorfilm sehen will, sollte ebenfalls etwas anderes schauen.
Glaube: tödlich seit tausenden von Jahren
Denn der Ansatz, den Langfilmdebütant Rubin Stein (Regie und Buch) hier verfolgt ist ein anderer.
Er lässt die Kinder in bestem Wissen und Gewissen handeln, was aber weder bedeutet, dass ihr Tun zur Nachahmung empfohlen ist oder das Ergebnis den Wünschen der Eltern entspricht.
Die Frage, die er damit anstößt ist natürlich eine größere: wie oft in der Geschichte der Kirche und des wie-auch-immer-gearteten Glaubens an Götter und heilige Schriften wurden schreckliche Taten mit einem reinen Gewissen begangen? Hexenverfolgung, heilige Kriege, das Verweigern von Blutkonserven oder Massensuizide von kleineren Sekten.
Tin und Tina sind im schlechtesten Sinne unschuldig
An den Beispielen von Tin und Tina lässt der Film den Irrsinn der Taten erkennen, aber eben auch die Unschuld der beiden Kids.
Wobei, so ganz stimmt das nicht, denn man fragt sich schon, wie durchdacht und berechnet sie vorgehen und zu 100% liefert Stein auch keine Antwort.
Eine weitere, für spanische Filme nicht ganz unübliche Frage, ist die, ob hier übernatürliche Kräfte im Spiel sind. Wenn der Schulrabauke, der sich mehrfach über Tin und Tina lustig macht, während der Kommunion einen unschönen Unfall erleidet oder Lola wider Erwarten nach den Gebeten ihrer Adoptivkinder noch mal schwanger wird, wächst der Verdacht, dass die beiden im Guten wie im Schlechten etwas damit zu tun haben.
Lola und Adolfo merken natürlich, dass ihre adoptierten Kinder nicht ganz der Norm entsprechen. Ihr Umgang mit ihnen ist allerdings unterschiedlich und da der Film in den 80ern spielt, geht Adolfo vor allem seinem Beruf als Pilot nach und versucht die Dinge laufen zu lassen, während Lola zunehmend Sorge darüber trägt, wen sie sich da ins Haus geholt hat.
Rubin Stein ist übrigens ein Ästhet, der nicht nur seinen Titelfiguren ein besonderes Äußeres verleiht, das zugegebenermaßen an die ebenfalls fiesen Kids aus DORF DER VERDAMMTEN erinnert, er sorgt auch an anderer Stelle für einzigartige optische Akzente.
Erwähnenswert ist dabei auch das Finale, das minutenlang ohne (sichtbaren) Schnitt in einem brennenden Haus spielt.
Dieses Finale bzw. der noch folgende Epilog wirkt allerdings etwas überhastet und unfertig.
Fazit:
TIN & TINA ist nicht perfekt, er platziert aber neue Ideen.
Den größten „Fehler“ macht der Film vielleicht damit, dass er nicht „all in“ geht und damit weder das einfach gestrickte Publikum noch das denkende Volk auf seine Seite ziehen kann.
Das ist aber mehr eine Frage des Marketings als der Qualität.