Man hat den Eindruck, dass wir als Deutsche vergleichsweise wenig über die Belgier wissen, was daran liegen mag, dass kaum jemand in den Urlaub dahin möchte.
Bekannte Klischees sind Waffeln, Pralinen, Bier und Pommes und wenn man sich für Morbides interessiert, erinnert man sich vielleicht auch an den Kindermörder Marc Dutroux, dessen Verbrechen Mitte der 90er Belgien für viele in den Fokus rückten und dem ganzen Land viel Argwohn einbrachten.
Letzteres ist schon mal kein Argument, um den Familienurlaub in Brüssel oder Antwerpen zu buchen und auch wenn man die Filmlandschaft betrachtet, stellt man fest, dass Belgien ein oft schmuddeliges Bild abgibt.
Viele belgische Horrorfilme und Thriller sind schräge Werke abseits des Mainstreams, aber auch Koproduktionen mit anderen Ländern. Das ist wohl auch mit ein Grund, warum man das relativ kleine Belgien als eigenständige Filmnation wenig wahrnimmt.
Und doch, wenn ihr euch die Schnittmenge der Filme ansieht, erkennt man im Chaos ein Muster, das Lust auf Mehr macht.
Übrigens: Wie immer legen wir Begriffe wie Horrorfilm oder Thriller recht weit aus.
Inhaltsverzeichnis
- Die besten belgischen Horrorfilme
- CALVAIRE
- MANDY
- ANIMALS – WIE WILDE TIERE
- BORGMAN
- MONSIEUR KILLERSTYLE
- CLIMAX
- AMER / DER TOD WEINT ROTE TRÄNEN
- MEGALOMANIAC
- ALLELUIA
- EX DRUMMER
- RAW
- THE HOUSE THAT JACK BUILT
- A GOOD WOMAN IS HARD TO FIND
- STARRY EYES
- VIVARIUM
- WHAT HAPPENED TO MONDAY?
- LA ABUELA
- THE NEON DEMON
- YUMMY
- MANN BEISST HUND
- BREAKING SURFACE
- BRIMSTONE
- TITANE
- DIE BEHANDLUNG
- AUSSER KONTROLLE – HALT NICHT AN!
- THE ADVENT CALENDER
Die besten belgischen Horrorfilme
CALVAIRE
Da CALVAIRE eine belgisch-luxemburgisch-französische Gemeinschaftsarbeit ist, wird er auch gerne mal als Teil der New French Extremity genannt. So ganz daneben liegt mal damit weder zeitlich, noch räumlich, noch inhaltlich, denn der Film (der hierzulande auch mal unter MARTYRIUM veröffentlicht wurde), enthält bedrückend-verstörend-kalt-schmutzige Bilder.
MANDY
MANDY ist aufgrund der internationalen Besetzung wohl nichts, was einem als erstes einfällt, wenn man an belgische Horrorfilme denkt, ist aber eine US-britisch-belgische Koproduktion.
Für einen amerikanischen Film ist die trippige Rachegeschichte massiv fordernd, in Belgien sieht so aber ein normaler Sonntagnachmittag aus.
Nicolas Cage darf hier mal ungestraft sein Trademark-Overacting von der Leine lassen und mutiert in Heavy Metal – Optik zum Rachegott.
Hier geht’s zu unserem MANDY-Review.
ANIMALS – WIE WILDE TIERE
Der Film ist in drei Akte aufgeteilt, von denen jeder auf seine Art mitnimmt, aber es ist vor allem der erbarmungslose Mittelteil, bei dem ein junger schwuler Mann über Stunden gefoltert und getötet wird, der erschüttert. Auf einem wahren Fall beruhend, ist ANIMALS ein schwer zu ertragender Hieb in die Eingeweide.
Hier geht’s zu unserem ANIMALS-Review.
BORGMAN
Wenn nichts einen Sinn ergibt, aber du am Ende dennoch wohlwollend nickst, hast du gerade belgisches Kino gesehen. BORGMAN ist so ein Fall.
Zumindest verbirgt sich der Sinn um eine Gang Obdachloser, die zunächst in Erdlöchern wohnen, sich dann dank des Mitleids einer reichen Dame in eine Villa einschleichen und dort Wahnsinn und Chaos entfachen.
Hier geht’s zu unserem BORGMAN-Review.
MONSIEUR KILLERSTYLE
Quentin Dupieux ist der Mann hinter RUBBER. Während der als rein französische Produktion für diese Liste ausscheidet (aber gut gepasst hätte), steht ihm MONSIEUR KILLERSTYLE in Sachen Absurdität in nichts nach.
Ein Mann ist so besessen von einer Wildlederjacke, dass er sein bisheriges Leben aufgibt, sich als Regisseur ausgibt und alle anderen Jacken dieser Welt vernichten will…notfalls auch deren Besitzer.
Wie kommt man auf solche Ideen?
CLIMAX
Gaspar Noé ist nun mal Gaspar Noé. Ein unbequemer Künster, dessen Tun in den USA wohl nicht funktionieren könnte, in Frankreich und Belgien aber schon. So wie LOVE ein Film mit enorm viel Sex war, ohne Porno zu sein, ist CLIMAX ein Film mit viel Tanz und Musik, ohne Tanz- oder Musikfilm zu sein. Lange Oneshots, viel Improvisation, ekstatisches Kino…typisch Noé eben.
Hier findet ihr unser Review zu CLIMAX.
AMER / DER TOD WEINT ROTE TRÄNEN
Bei dem in Brüssel wohnenden Filmemacher-Ehepaar Hélène Cattet und Bruno Forzani bekommt man neuen Wein in alten Schläuchen. Giallo ist das Stichwort und das wird hier intensiver zelebriert als es die italienischen Bavas und Argentos in den 60ern und 70ern taten.
Die Geschichten darin sind je nach Sichtweise nicht vorhanden, nicht wichtig oder verklausuliert, aber die Ästhetik (Zooms, Lippen, scharfe Messer, Handschuhe) ist 1a.
Hier findet ihr unser Review zu DER TOD WEINT ROTE TRÄNEN
MEGALOMANIAC
Schon der Vater war ein Serienmörder und die nun erwachsenen Kinder, die gemeinsam im verwahrlosten Haus existieren, führen die Familientradition fort.
MEGALOMANIAC wurde im Vorfeld mit MARTYRS verglichen, was nur bedingt Sinn macht, aber auch hier wird eine Frau gefangen gehalten und misshandelt.
Alles in allem unangenehme, über riechende Kost.
Hier findet ihr unser MEGALOMANIAC-Review.
ALLELUIA
ALLELUIA, nach CALVAIRE der zweite Film von Fabrice du Welz in dieser Liste, wurde wie LONELY HEARTS KILLERS vom wahren Fall der mörderischen Paares Martha Beck und Raymond Fernandez inspiriert, geht den Fall der Serienmörder aber etwas freier an.
LONELY HEARTS KILLERS war sicher kein familienfreundlicher Streifen, aber ALLELUIA ist ein Berg von Hässlichkeiten.
Hier geht’s zum Review von ALLELUIA
EX DRUMMER
Bei dem Titel muss es ja ein Musikfilm sein und falsch ist das nicht, aber schiefe Töne gehören hier in jeder Form dazu.
Die Bandbesetzung liest sich indes wie ein Witz: der Sänger lispelt und hängt daheim von der Decke, der Bassist hat einen steifen Arm, der Gitarrist ist taub.
EX DRUMMER ist ein Film, den man kaum in ein Genre stecken kann, wer aber bereit ist, sich in gesellschaftliche Abgründe zu werfen, Babys unter Drogen zu setzen und Frauen zu verkloppen, liegt hier goldrichtig.
RAW
Kritiker und Festivals liebten Julia Ducournaus RAW. Wer es gerne flacher mag, hatte nichts zu lachen.
Die Geschichte um die junge Vegetariererin Justine, die im Rahmen eines Uni-Rituals zum Fleischverzehr genötigt wird und dabei ganz eigene Gelüste entwickelt, ist eben mehr Coming-Of-Age-Drama mit Anspruch als plumpes Kannibalenkino.
Hier geht’s zum RAW-Review.
THE HOUSE THAT JACK BUILT
Der Großteil des Films ist “nur” ein Begleiten eines Serienmörders, der sich über 12 Jahre ein Haus aus den Leichenteilen seiner Opfer baut. Das alleine könnte reichen, um “Typisch belgisch” zu rufen, doch wenn wir gegen Ende in einer an Dante Alighieri erinnerte Reise in die Höllentiefen hinabsteigen, möchte man auch noch „Typisch Lars von Trier“ rufen.
Hier findet ihr unsere Kritik zu THE HOUSE THAT JACK BUILT
A GOOD WOMAN IS HARD TO FIND
Ein Dealer landet zufällig bei der jungen Witwe und Mutter Sarah und versteckt seine Drogen bei ihr. Das bringt für die sozial schwache Familie zunächst ein paar Vorteile, doch natürlich bleibt es dabei nicht.
A GOOD WOMAN IS HARD TO FIND verbindet britischen Schwarzhumor und belgischen Dreck.
Hier findet ihr unsere Kritik zu A GOOD WOMAN IS HARD TO FIND
STARRY EYES
Im Kern ist die Geschichte alt: eine junge Frau will Schauspielerin werden und würde dafür ihre Seele verkaufen. Die STARRY EYES – Regisseure Kevin Kölsch und Dennis Widmyer können ein Lied davon singen, taten sie doch das gleiche, um im Anschluss den seelenlosen FRIEDHOF DER KUSCHELTIERE (2019) zu drehen.
STARRY EYES schielt jedoch noch nicht auf Geld und Mainstream, sondern ist ein gut umgesetzter kleiner Film.
Hier geht’s zum Review von STARRY EYES.
VIVARIUM
Für viele Paare ist es ein Traum gemeinsam ein Haus zu kaufen.
Alles was danach folgt, kann auch mal zum Alptraum werden, wie er hier Imogen Poots und Jesse Eisenberg widerfährt, die in ihrem Viertel, wo ein Haus wie das nächste aussieht, gefangen sind.
Zwar bietet VIVARIUM wenig Spannung, wirkt aber wie ein perverses Sozialexperiment und dürfte damit eher Fans abseitiger Filmkost ansprechen.
Hier geht’s zum VIVARIUM-Review.
WHAT HAPPENED TO MONDAY?
Der Film ist so international wie man nur sein kann (norwegischer Regisseur, schwedische Hauptdarstellerin, Rest-Cast aus diversen Ländern, gedreht in Rumänien und eine britisch-amerikanisch-französisch-belgische Produktion).
WHAT HAPPENED TO MONDAY? Ist daher nicht unbedingt typisch belgisch, aber auch kein typisches Hollywood-Popcorn, sondern ein rundum gelungener, mal harter, mal smarter Actionthriller mit Noomi Rapace in 7-facher Ausführung.
Hier findet ihr unsere Kritik zu WHAT HAPPENED TO MONDAY?
LA ABUELA
Im Falle von LA ABUELA ist der belgische Einfluss auf die Produktion beschränkt. Der Film stammt vom Spanier Paco Plaza (REC) und wirkt auch durch Locations und Figuren durch und durch spanisch.
Wir wollen hier aber nicht unsere eigenen Regeln brechen und diesen gelungenen Grusler kann man sich über alle Ländergrenzen hinaus gut ansehen.
Im Film muss sich eine junge Frau um ihre pflegebedürftige Großmutter kümmern, doch mit der scheint etwas nicht zu stimmen.
Hier geht’s zum LA ABUELA-Review.
THE NEON DEMON
Noé und von Trier hatten wir schon in dieser Liste und es wundert nicht, dass auch Nicolas Wending Refn mit seinem Kunsthorror (teils) unter belgischer Flagge segelt.
Der Film taucht in die Modellszene ein und während man darüber streiten kann, wieviel am Film sinnvoll ist oder doch nur der hübschen Optik dient, ist mit dieser Frage schon der erste Verweis auf die Modewelt gesetzt.
Hier geht’s zum THE NEON DEMON-Review.
YUMMY
Die Geschichte spielt in einer russischen Schönheitsklinik, ist aber eine rein belgische Produktion.
Dieses spaßige Gorefest spielt mit dem Beautywahn, ist aber weit davon entfernt, den moralischen Zeigefinger auszupacken, sondern bietet einfach leichtes, blutiges Entertainment.
Leider zieht die deutsche Synchro den Film etwas runter.
Hier findet ihr unsere YUMMY-Rezension
MANN BEISST HUND
Ob man es nun Found Footage oder Mockumentary nennt, MANN BEISST HUND war da, bevor die Ego-Cam-Welle kam. Die Pseudo-Doku zeigt ein Kamerateam, das einen Serienmörder bei der „Arbeit“ begleitet. In dieser lustig-verstörenden Mediensatire werden die Journalisten bald zu Mittätern.
BREAKING SURFACE
Hier ist es Norwegen, das mit Belgien kooperiert und (sorry Belgien) landschaftlich ist das ein Gewinn.
Der Großteil des Films spielt allerdings ohnehin unter Wasser, denn als zwei Schwestern gemeinsam entlang einer Steilküste tauchen, wird die erfahrenere durch einen Steinschlag unter dem Geröll begraben…und der Sauerstoff wird knapp.
Hier geht’s zum BREAKING SURFACE-Review.
BRIMSTONE
Während man in Western selten zimperlich zur Sache geht, sehen auch die in Belgien anders aus, wobei man fairerweise sagen muss, dass in diesem Fall gleich 7(!) Länder beteiligt waren.
Mit Guy Pearce verfügt der Film nicht nur über einen starken Schauspieler, sondern auch einen enorm fiesen Bösewicht und die Grenze von Western zu hartem Rachethriller verschwimmt hier enorm.
Hier findet ihr unsere Kritik zu BRIMSTONE
TITANE
Wer RAW schon etwas schräg fand, gerät mit Julia Ducournaus Nachfolgewerk TITANE noch mehr in Schieflage.
Was wie ein relativ normaler Horrorfilm beginnt, indem eine junge Frau mit der titelgebenden Titanplatte im Kopf Leute brutal ermordet, nimmt schon schnell abstrakte Züge an, wenn die Mörderin Sex MIT einem Auto hat.
Nur für Arthousefans.
Hier geht’s zum Review von TITANE.
DIE BEHANDLUNG
Die Story aus Mo Hayders Roman wurde von England nach Belgien verlegt und man hat den Eindruck, dass damit automatisch noch eine Schippe Pisse und Schmutz hinzugefügt wurde.
Dem ohnehin grausamen Stoff konnte das nur helfen.
Man könnte DIE BEHANDLUNG einfach als Krimi beschreiben, es soll aber Eltern geben, die sich den Film kein zweites Mal ansehen wollen.
Hier lest ihr die Kritik zu DIE BEHANDLUNG.
AUSSER KONTROLLE – HALT NICHT AN!
Überleg dir gut, wie du dich im Straßenverkehr benimmst, denn wenn du an den falschen gerätst, kann es sein, dass dich ein säurespritzender Wahnsinniger verfolgt.
AUSSER KONTROLLE zeigt eindrucksvoll, wie ein schier harmloser Familienausflug brutal eskalieren kann, wenn schlechtes Benehmen, falscher Stolz und Feigheit aufeinandertreffen.
Ein simpler Film, der dennoch effektiv zündet.
THE ADVENT CALENDER
Eigentlich war die Geschichte um einen mörderischen Adventskalender längst überfällig, man hat sich damit aber Zeit gelassen.
THE ADVENT KALENDER ist sicher nicht die abgefahrenste Geschichte dieser Liste und macht natürlich vor allem in der Vorweihnachtszeit Spaß, ist aber eine gelungene Horrorstory um einen sehr mächtigen, sehr teuflischen Adventskalender.
Hier entlang zur Rezension zu THE ADVENT CALENDER
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